Verstärkte amerikanische Militärpräsenz in Australien richtet sich gegen China
Edward Miller
Obama kündigt vor Machtprobe im Südchinesischen Meer Ausbau der amerikanischen Militärpräsenz in Australien an
Die australische Premierministerin Julia Gillard und der amerikanische Präsident Barack Obama haben die herzlichen Beziehungen ihrer Vorgänger wiederaufleben lassen, als sie am 16. November der Öffentlichkeit die historische Vereinbarung präsentierten, nach der zunächst 250 amerikanische Marinesoldaten im Militärstützpunkt Robertson Barracks in der Nähe von Darwin, der Hauptstadt des Nördlichen Territoriums, stationiert werden sollen. Diese amerikanischen Soldaten werden an gemeinsamen Manövern teilnehmen und gemeinsam mit ihren australischen Kollegen ausgebildet werden. Bis zum Jahr 2016 soll ihre Zahl auf 2500 angewachsen sein. Im Rahmen der getroffenen Vereinbarung werden auch amerikanische Militärflugzeuge die Luftwaffenbasis Tindall im nördlichen Westaustralien verstärkt nutzen können und erhalten auch Zugang zur Marinebasis Stirling auf der schmalen Insel Garden Island nahe Perths, die vor der Küste Westaustraliens gelegen ist. Um bei
diesen militärischen Fischzügen nicht abseits zu stehen, versprach der australische Oppositionsführer Tony Abott, eine Koalitionsregierung unter seiner Leitung würde neben den beiden schon vorhandenen gemeinsam genutzten Einrichtungen – Pine Gap (in der Nähe von Alice Springs im Nördlichen Territorium) und Kojarena (in der Nähe von Geraldton in Westaustralien ) – eine weitere Gemeinschaftseinrichtung auf australischem Boden errichten.
Am folgenden Tag hob Obama in seiner Rede vor dem australischen Parlament in Canberra die gemeinsamen Bindungen und Werte hervor, die beide Nationen teilten: »Australier und Amerikaner haben zusammengestanden, [und] wir haben in jedem größeren Konflikt der vergangenen 100 Jahre gemeinsam menschliche Opfer erlitten.« Im Hinblick auf »ein Ende der Kriege heute« ging er auch auf die weitreichende politische Neuausrichtung der amerikanischen Außenpolitik ein, die »unsere Präsenz und unsere Mission im asiatisch-pazifischen Raum zu einer der wichtigsten Prioritäten macht […] [und] und uns die notwendigen Mittel [an die Hand gibt], eine starke Präsenz in der Region aufrechtzuerhalten«. Obama ging zwar auf breite Bereiche des Handels und der Zusammenarbeit mit den Nationen des asiatischen und pazifischen Raumes ein, seine Entschlossenheit zu positiven Beziehungen zu China kam allerdings nur in dem Versprechen zum Ausdruck, »mit Beijing offen und ehrlich über die Bedeutung zu sprechen, sich an die Normen des Völkerrechts zu halten und die universellen Menschenrechte des chinesischen Volkes zu respektieren«. Zugleich kritisierte er den seiner Ansicht nach künstlich niedrig gehaltenen Kurs der chinesischen Währung, die Nichteinhaltung von Urheberrechtsstandards und die Klimapolitik Chinas.
Darwins bester Kumpel
Am Nachmittag des gleichen Tages flog Obama dann zu einem Kurzbesuch nach Darwin, wo er einen Sprechchor von schätzungsweise 2000 Soldaten anführte, die »Aussie, Aussie, Aussie« riefen. Diese wenigen Stunden führten zu den bisher schärfsten und größten Sicherheitsmaßnahmen der Polizeikräfte des Nördlichen Territoriums und schienen offenbar ausreichend, um die Entfernung der obdachlosen Bevölkerung aus einem Stadtpark, den Obama besuchen sollte, zu rechtfertigen. Aber dann blieb der Präsident doch die ganze Zeit auf dem Königlich Australischen Luftwaffenstützpunkt. Unmittelbar vor seiner Ankunft veranstaltete eine Aktivistengruppe mit Namen Darwin Residents Against War (DRAW, »Einwohner von Darwin gegen Krieg«) in der Nähe des Parlaments der Nördlichen Territorien eine Protestkundgebung und verurteilte die Stationierung amerikanischer Soldaten in Australien, den anhaltenden Krieg in Afghanistan und die Unterstützung, die australische und amerikanische Geheimdienstnetzwerke vom Stützpunkt in Pine Gap aus für die Luftangriffe während des Irakkriegs geleistet hatten.
Justin Tutty, ein Mitglied dieser Gruppe, erläuterte mir gegenüber einige der sozialen Probleme, mit denen nach Ansicht der Gruppe aufgrund der verstärkten Militärpräsenz zu rechnen sei. Sie reichen von »zu erwartenden Konflikten zwischen den Amerikanern und der nicht unerheblichen Gruppe von Menschen, die mit der australischen Verteidigungs- und Rüstungspolitik zu tun haben, bis hin zu den sozialen Problemen, unter denen bereits andere Gemeinden auf der ganzen Welt zu leiden hatten, und die mit dem asozialen Verhalten amerikanischer Soldaten im Zusammenhang mit Alkohol- und Drogenmissbrauch, Gewalttätigkeit und sexuellen Übergriffen in Verbindung stehen«. Angesichts des leichtfertigen Umgangs Gillards mit nuklearen Problemen (so hatte sie vor Kurzem zugestimmt, Uran an die indische Regierung, die den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat, zu liefern) gehen die Einwohner Darwins, die sich seit Langem der Stationierung gefährlicher Atom-U-Boote im Hafen von Darwin widersetzt haben, von einer Verschärfung dieser Auseinandersetzung aus.
Der wirtschaftliche Nutzen, der sich aus dieser militärischen Zusammenarbeit und dem gleichfalls erneuerten Freihandelsabkommen ergeben soll, bringt überproportional vor allem der amerikanischen Seite Vorteile. Die US-Rüstungsverkäufe in die asiatisch-pazifische Region steigen seit Kurzem deutlich, und Australien will 85 Prozent seiner militärischen Ausrüstung in den kommenden 10–15 Jahren auf den neuesten Stand bringen; die amerikanische Rüstungsindustrie hat sich bereits ein erhebliches Stück dieses Kuchens gesichert. Nach intensiven Gesprächen mit privaten australischen Rüstungskonzernen wurde das Gesetz zur Kontrolle des Handels mit Rüstungsgütern 2011 im australischen Parlament eingebracht. Seine Verabschiedung würde den Einkauf amerikanischer rüstungsbezogener Industriegüter und Dienstleistungen durch Australien sehr erleichtern. Die Beteiligung Australiens als einzigem Nicht-NATO-Mitglied am multilateralen Investitionsprogramm zur Entwicklung des F-35-Kampfflugzeuges macht deutlich, wie nachhaltig sich das Land in finanzieller Hinsicht an die amerikanische militärische Sichtweise gebunden hat. Darwin wird in irgendeiner Form für seine Loyalität belohnt werden, und die Nördlichen Territorien erwarten einen deutlichen regionalen Aufschwung der Wirtschaft durch z. B. Bauaufträge für die Errichtung der Wohngebäude für die neu stationierten Soldaten.
Ein abgesonderter Gebäudekomplex neben den schon vorhandenen australischen Unterkünften wird zur Unterbringung der zusätzlichen Soldaten erforderlich sein, aber der australische Verteidigungsminister Stephen Smith trat bereits dem Eindruck entgehen, eine wachsende Truppenpräsenz bedeute die Errichtung einer amerikanischen Basis auf australischem Territorium. Der Grünen-Parteichef Bob Brown bezeichnete dies als »Unsinn« und verspottete die Regierung, weil sie sich mit der chinesischen, indischen und indonesischen Regierung, aber nicht mit dem australischen Parlament [über die Stationierung] beraten habe. Dennoch forderte die indonesische Regierung auf dem Gipfeltreffen des Verbandes Südostasiatischer Staaten (ASEAN) an diesem Wochenende auf Bali eine dringende Erläuterung von Premierministerin Gillard. Nach einer Meinungsumfrage des Lowy-Instituts für Internationale Politik würden 55 Prozent der Australier einer Stationierung amerikanischer Soldaten in Australien zustimmen. Aber der unabhängige Senator Nick Xenophon argumentierte, selbst wenn die australische Öffentlichkeit eine amerikanische Militärpräsenz unter Obamas Präsidentschaft befürworte, müsse dies nicht für eine eher kriegsbereite amerikanische Regierung gelten, in der die republikanische Tea-Party über die Mehrheit verfüge.
Umkehrung der australischen »Tyrannei der Entfernung«*
Obamas Neuorientierung auf den asiatisch-pazifischen Raum und die damit verbundene schärfere Rhetorik in Bezug auf die wachsende chinesische Wirtschafts- und Militärmacht verdeutlichen die eindeutigen strategischen Notwendigkeiten der USA. China erhebt immer öfter und drängender Ansprüche in Bezug auf [bestimmte umstrittene] Regionen des Südchinesischen Meeres wie etwa die Spratly-Inseln (Philippinen) und die Paracel-Inseln (Vietnam). Das Südchinesische Meer, über das die USA Handelsgüter im Wert von fünf Billionen Dollar jährlich verschiffen, gerät immer mehr in die Einflusssphäre Chinas. Die amerikanischen Militärstützpunkte in Japan und Südkorea liegen in bequemer Reichweite chinesischer Mittelstreckenraketen. Daher erklärte der australische Geheimdienstanalyst Alan Dupont, die australische »›Tyrannei der Entfernung‹ erweist sich jetzt als strategischer Vorteil«. Professor Hugh White von der Nationalen Universität Australiens schätzt dies im Gegensatz dazu als einen risikoreichen Schritt ein, der sowohl in Washington wie in Beijing so interpretiert werde, dass sich »Australien der amerikanischen Strategie einer Eindämmung Chinas anschließt«.
Chinas beispielloses Wirtschaftswachstum der vergangenen zehn Jahre ging mit einem erwachenden politischen Konsens einher, der westliche Interessen bedroht. Die weitgehend von China geprägte Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) wurde als geopolitische Sicherheitsallianz 2001 gegründet. Ihr gehören als Vollmitglieder China, Kasachstan, Kirgisistan, Russland, Tadshikistan und Usbekistan an. Sie kontrollieren fast zwei Drittel der eurasischen Landmasse. Dieser Anteil könnte sich bald noch massiv erhöhen, denn Indien, der Iran, die Mongolei und Pakistan beantragen jetzt ebenfalls die Vollmitgliedschaft. Der wachsende Einfluss der SCO könnte dazu dienen, die beispiellose Militärmacht der NATO zu neutralisieren, und einige jüngste Ereignisse im Südchinesischen Meer weisen darauf hin, dass diese Drohung von Washington ernst genommen wird. Im Juli führte die US-Kriegsmarine ein größeres gemeinsames Manöver mit Japan und Australien durch, in dessen Verlauf auch Gebiete im Südchinesischen Meer berührt wurden, die an umstrittene Regionen grenzen. Diese Manöver sowie eine ähnliche gemeinsame Übung amerikanischer und vietnamesischer Marineeinheiten im August sind als versteckte Drohung an die Adresse Beijings zu werten.
In der Region treten gehäuft Streitigkeiten über Souveränitätsrechte auf. China und die Philippinen beanspruchen beide die Kontrolle über die sich in der Tiefsee befindenden Erdöl- und Erdgasvorkommen in den Recto-Riffen, die unter der Verwaltung der umstrittenen Spratly-Inseln stehen. Die Philippiner argumentieren, das internationale Seerecht gewähre ihnen das ausschließliche Recht, diese Ressourcen auszubeuten, während China zur Untermauerung seiner Ansprüche auf das Joint Marine Seismic Untertaking (JMSU) verweist [ein Abkommen zwischen den Philippinen, China und Vietnam zur gemeinsamen seismischen Erschließung der Meeresregion westlich von Palawan unter Beteiligung der großen Erdölkonzerne der drei beteiligten Länder]. Nach einem kürzlichen Besuch auf der Insel erklärte der philippinische Abgeordnete Walden Bello, die Philippinen hätten mit der Erkenntnis zu kämpfen, dass China derzeit dabei sei, den USA als stärkste Wirtschaftsmacht weltweit den Rang abzulaufen. Um diesem Eindruck entgegenzutreten und das Bild der USA als überragender Ordnungsmacht in der Region aufrechtzuerhalten, erklärte die amerikanische Außenministerin Hillary Rodham Clinton das Problem während ihres Besuches in Manila am vergangenen Dienstag zu einer Angelegenheit nationaler Bedeutung. Und um dies noch dramatisch aufzuwerten, erfolgte diese Erklärung nach einer demonstrativen Militärübung am 27. Oktober vor Journalisten, bei der Hunderte philippinischer und amerikanischer Soldaten gemeinsam die Insel Palawan erstürmten, die nur 80 Kilometer von den umstrittenen Spratly-Inseln entfernt liegt. Der philippinische Präsident Benigno Aquino hat die Präsenz der Küstenwache in der gesamten Region verstärkt, die manche bereits als »Westphilippinisches Meer« bezeichnen.
Die Entscheidung der vietnamesischen Regierung, dem amerikanischen Erdölkonzern ExxonMobil inmitten eines ähnlich gelagerten Streits mit China über die Paracel-Inseln, die sich zwischen der vietnamesischen Küste vor Danang und der chinesischen Insel Hainan, Erschließungs- und Förderrechte zu gewähren, hat massive Kritik aus China hervorgerufen. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Hong Lei warnte ausländische Unternehmen davor, in Gebieten wirtschaftlich aktiv zu werden, die von China beansprucht werden. Die extreme Ausweitung des Marinehaushaltes Vietnams in den letzten Jahren spiegelt die wirtschaftliche Bedeutung wider, die das Land der Erhaltung seiner Souveränität in der Region einräumt. Jüngste Studien zu erheblichen Erdöl- und Erdgasvorkommen im Einflussbereich der Spratly- und der Paracel-Inseln machen diese Sicht nachvollziehbar. Nach optimistischen chinesischen Schätzungen belaufen sich die Vorkommen im Bereich der Spratly- und Paracel-Inseln auf einen Anteil von 105 Milliarden Barrel an den insgesamt 213 Milliarden Barrel, die im Südchinesischen Meer insgesamt vermutet werden. Die Schätzungen des amerikanischen Geological Survey setzen allerdings erheblich niedrigere Werte an.
Machtprobe in Bali
Die Vereinbarung über eine über eine größere geographische Region verteilte, in operationeller Hinsicht belastbare und politisch nachhaltige amerikanische Militärpräsenz in der gesamten asiatisch-pazifischen Region ist als taktisches Manöver vor dem Hintergrund des wachsenden Einflusses Chinas zu werten. Ob diese Herangehensweise eher eine Politik der Inklusion oder der Isolation darstellt, wird sich wahrscheinlich auf dem kommenden ASEAN-Gipfel in Bali deutlicher erkennen lassen. Dort wollen die führenden Vertreter der ASEAN-Staaten über die Sicherheit im Südchinesischen Meer und über regionale Wirtschaftsintegration beraten. Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao wird in Bali auf den »omni«-Präsidenten Obamas treffen, der vier Jahre lang bis zu seinem zehnten Lebensjahr in Dschakarta lebte. Aber Beijing hat bereits gewarnt, eine Einmischung der USA in einen Konflikt, an dem sie nicht unmittelbar beteiligt seien, werde den Frieden und die Stabilität in der Region gefährden.
Wenn man nach den im Vordergrund stehenden Themen auf dem APEC-Treffen in Honolulu in dieser Woche urteilen darf, geht es bei dem neuen Asiatischen Jahrhundert, wie es die amerikanischen Unterhändler glauben machen wollten, lediglich darum, den Einfluss Chinas massiv zu verringern. Als Hebel dazu soll das Transpazifische Partnerschaftsabkommen dienen, ein Freihandelsabkommen, das derzeit zwischen den USA und acht anderen Pazifikländern (Australien, Brunei, Chile, Malaysia, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam) ausgehandelt wird. Während Japan, Südkorea, Kanada und Mexiko ebenfalls eingeladen wurden, sich diesem Abkommen anzuschließen, wurde China in gewissem Maße außen vor gelassen. Ob diese Isolation in Bali weiter betrieben wird, könnte sich als ultimativer Test des Verhandlungsgeschicks Gillards erweisen, da ihre Bereitschaft, der amerikanischen Macht im Pazifik entgegenzukommen, von der chinesischen Regierung, mit der sie derzeit über ein bilaterales Abkommen verhandelt, sicherlich misstrauisch und kritisch betrachtet wird.
Angesichts des zunehmenden Anteils der von China gehaltenen amerikanischen Staatsverschuldung, seines gigantischen Export- und Importmarktes sowie der direkten souveränen Kontrolle des Yuan steht außer Frage, dass China eine bedeutende Rolle im Asiatischen Jahrhundert spielen wird. China allein kann entscheiden, ob und welche Auswirkungen das Militärbündnis zwischen den USA und Australien haben wird, und China allein kann abschätzen, ob Australiens Bedeutung als Energieexporteur schwerer wiegt als seine aktive Verstärkung der amerikanischen militärischen Leistungsfähigkeit in der Region. Sollte es aufgrund der Vereinbarung zu Konflikten zwischen den Nachbarn Australiens kommen, ist unklar, ob Australien in der Lage sein wird, den Verlust im Handel und bei den Investitionen seiner engsten Handelspartner zu verkraften. Streitigkeiten und wirtschaftliche Stagnationen würden wahrscheinlich größere Interventionen erforderlich machen und paradoxerweise den Flüchtlingsstrom nach Australien anschwellen lassen, der bereits jetzt zahlreiche Kontroversen auslöst. Kann die australische Regierung dann von Washington einen Gefallen einfordern und um mehr Marinesoldaten bitten, um seine ausgedehnten Grenzen zu bewachen?
Edward Miller
Obama kündigt vor Machtprobe im Südchinesischen Meer Ausbau der amerikanischen Militärpräsenz in Australien an
Die australische Premierministerin Julia Gillard und der amerikanische Präsident Barack Obama haben die herzlichen Beziehungen ihrer Vorgänger wiederaufleben lassen, als sie am 16. November der Öffentlichkeit die historische Vereinbarung präsentierten, nach der zunächst 250 amerikanische Marinesoldaten im Militärstützpunkt Robertson Barracks in der Nähe von Darwin, der Hauptstadt des Nördlichen Territoriums, stationiert werden sollen. Diese amerikanischen Soldaten werden an gemeinsamen Manövern teilnehmen und gemeinsam mit ihren australischen Kollegen ausgebildet werden. Bis zum Jahr 2016 soll ihre Zahl auf 2500 angewachsen sein. Im Rahmen der getroffenen Vereinbarung werden auch amerikanische Militärflugzeuge die Luftwaffenbasis Tindall im nördlichen Westaustralien verstärkt nutzen können und erhalten auch Zugang zur Marinebasis Stirling auf der schmalen Insel Garden Island nahe Perths, die vor der Küste Westaustraliens gelegen ist. Um bei
diesen militärischen Fischzügen nicht abseits zu stehen, versprach der australische Oppositionsführer Tony Abott, eine Koalitionsregierung unter seiner Leitung würde neben den beiden schon vorhandenen gemeinsam genutzten Einrichtungen – Pine Gap (in der Nähe von Alice Springs im Nördlichen Territorium) und Kojarena (in der Nähe von Geraldton in Westaustralien ) – eine weitere Gemeinschaftseinrichtung auf australischem Boden errichten.
Am folgenden Tag hob Obama in seiner Rede vor dem australischen Parlament in Canberra die gemeinsamen Bindungen und Werte hervor, die beide Nationen teilten: »Australier und Amerikaner haben zusammengestanden, [und] wir haben in jedem größeren Konflikt der vergangenen 100 Jahre gemeinsam menschliche Opfer erlitten.« Im Hinblick auf »ein Ende der Kriege heute« ging er auch auf die weitreichende politische Neuausrichtung der amerikanischen Außenpolitik ein, die »unsere Präsenz und unsere Mission im asiatisch-pazifischen Raum zu einer der wichtigsten Prioritäten macht […] [und] und uns die notwendigen Mittel [an die Hand gibt], eine starke Präsenz in der Region aufrechtzuerhalten«. Obama ging zwar auf breite Bereiche des Handels und der Zusammenarbeit mit den Nationen des asiatischen und pazifischen Raumes ein, seine Entschlossenheit zu positiven Beziehungen zu China kam allerdings nur in dem Versprechen zum Ausdruck, »mit Beijing offen und ehrlich über die Bedeutung zu sprechen, sich an die Normen des Völkerrechts zu halten und die universellen Menschenrechte des chinesischen Volkes zu respektieren«. Zugleich kritisierte er den seiner Ansicht nach künstlich niedrig gehaltenen Kurs der chinesischen Währung, die Nichteinhaltung von Urheberrechtsstandards und die Klimapolitik Chinas.
Darwins bester Kumpel
Am Nachmittag des gleichen Tages flog Obama dann zu einem Kurzbesuch nach Darwin, wo er einen Sprechchor von schätzungsweise 2000 Soldaten anführte, die »Aussie, Aussie, Aussie« riefen. Diese wenigen Stunden führten zu den bisher schärfsten und größten Sicherheitsmaßnahmen der Polizeikräfte des Nördlichen Territoriums und schienen offenbar ausreichend, um die Entfernung der obdachlosen Bevölkerung aus einem Stadtpark, den Obama besuchen sollte, zu rechtfertigen. Aber dann blieb der Präsident doch die ganze Zeit auf dem Königlich Australischen Luftwaffenstützpunkt. Unmittelbar vor seiner Ankunft veranstaltete eine Aktivistengruppe mit Namen Darwin Residents Against War (DRAW, »Einwohner von Darwin gegen Krieg«) in der Nähe des Parlaments der Nördlichen Territorien eine Protestkundgebung und verurteilte die Stationierung amerikanischer Soldaten in Australien, den anhaltenden Krieg in Afghanistan und die Unterstützung, die australische und amerikanische Geheimdienstnetzwerke vom Stützpunkt in Pine Gap aus für die Luftangriffe während des Irakkriegs geleistet hatten.
Justin Tutty, ein Mitglied dieser Gruppe, erläuterte mir gegenüber einige der sozialen Probleme, mit denen nach Ansicht der Gruppe aufgrund der verstärkten Militärpräsenz zu rechnen sei. Sie reichen von »zu erwartenden Konflikten zwischen den Amerikanern und der nicht unerheblichen Gruppe von Menschen, die mit der australischen Verteidigungs- und Rüstungspolitik zu tun haben, bis hin zu den sozialen Problemen, unter denen bereits andere Gemeinden auf der ganzen Welt zu leiden hatten, und die mit dem asozialen Verhalten amerikanischer Soldaten im Zusammenhang mit Alkohol- und Drogenmissbrauch, Gewalttätigkeit und sexuellen Übergriffen in Verbindung stehen«. Angesichts des leichtfertigen Umgangs Gillards mit nuklearen Problemen (so hatte sie vor Kurzem zugestimmt, Uran an die indische Regierung, die den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat, zu liefern) gehen die Einwohner Darwins, die sich seit Langem der Stationierung gefährlicher Atom-U-Boote im Hafen von Darwin widersetzt haben, von einer Verschärfung dieser Auseinandersetzung aus.
Der wirtschaftliche Nutzen, der sich aus dieser militärischen Zusammenarbeit und dem gleichfalls erneuerten Freihandelsabkommen ergeben soll, bringt überproportional vor allem der amerikanischen Seite Vorteile. Die US-Rüstungsverkäufe in die asiatisch-pazifische Region steigen seit Kurzem deutlich, und Australien will 85 Prozent seiner militärischen Ausrüstung in den kommenden 10–15 Jahren auf den neuesten Stand bringen; die amerikanische Rüstungsindustrie hat sich bereits ein erhebliches Stück dieses Kuchens gesichert. Nach intensiven Gesprächen mit privaten australischen Rüstungskonzernen wurde das Gesetz zur Kontrolle des Handels mit Rüstungsgütern 2011 im australischen Parlament eingebracht. Seine Verabschiedung würde den Einkauf amerikanischer rüstungsbezogener Industriegüter und Dienstleistungen durch Australien sehr erleichtern. Die Beteiligung Australiens als einzigem Nicht-NATO-Mitglied am multilateralen Investitionsprogramm zur Entwicklung des F-35-Kampfflugzeuges macht deutlich, wie nachhaltig sich das Land in finanzieller Hinsicht an die amerikanische militärische Sichtweise gebunden hat. Darwin wird in irgendeiner Form für seine Loyalität belohnt werden, und die Nördlichen Territorien erwarten einen deutlichen regionalen Aufschwung der Wirtschaft durch z. B. Bauaufträge für die Errichtung der Wohngebäude für die neu stationierten Soldaten.
Ein abgesonderter Gebäudekomplex neben den schon vorhandenen australischen Unterkünften wird zur Unterbringung der zusätzlichen Soldaten erforderlich sein, aber der australische Verteidigungsminister Stephen Smith trat bereits dem Eindruck entgehen, eine wachsende Truppenpräsenz bedeute die Errichtung einer amerikanischen Basis auf australischem Territorium. Der Grünen-Parteichef Bob Brown bezeichnete dies als »Unsinn« und verspottete die Regierung, weil sie sich mit der chinesischen, indischen und indonesischen Regierung, aber nicht mit dem australischen Parlament [über die Stationierung] beraten habe. Dennoch forderte die indonesische Regierung auf dem Gipfeltreffen des Verbandes Südostasiatischer Staaten (ASEAN) an diesem Wochenende auf Bali eine dringende Erläuterung von Premierministerin Gillard. Nach einer Meinungsumfrage des Lowy-Instituts für Internationale Politik würden 55 Prozent der Australier einer Stationierung amerikanischer Soldaten in Australien zustimmen. Aber der unabhängige Senator Nick Xenophon argumentierte, selbst wenn die australische Öffentlichkeit eine amerikanische Militärpräsenz unter Obamas Präsidentschaft befürworte, müsse dies nicht für eine eher kriegsbereite amerikanische Regierung gelten, in der die republikanische Tea-Party über die Mehrheit verfüge.
Umkehrung der australischen »Tyrannei der Entfernung«*
Obamas Neuorientierung auf den asiatisch-pazifischen Raum und die damit verbundene schärfere Rhetorik in Bezug auf die wachsende chinesische Wirtschafts- und Militärmacht verdeutlichen die eindeutigen strategischen Notwendigkeiten der USA. China erhebt immer öfter und drängender Ansprüche in Bezug auf [bestimmte umstrittene] Regionen des Südchinesischen Meeres wie etwa die Spratly-Inseln (Philippinen) und die Paracel-Inseln (Vietnam). Das Südchinesische Meer, über das die USA Handelsgüter im Wert von fünf Billionen Dollar jährlich verschiffen, gerät immer mehr in die Einflusssphäre Chinas. Die amerikanischen Militärstützpunkte in Japan und Südkorea liegen in bequemer Reichweite chinesischer Mittelstreckenraketen. Daher erklärte der australische Geheimdienstanalyst Alan Dupont, die australische »›Tyrannei der Entfernung‹ erweist sich jetzt als strategischer Vorteil«. Professor Hugh White von der Nationalen Universität Australiens schätzt dies im Gegensatz dazu als einen risikoreichen Schritt ein, der sowohl in Washington wie in Beijing so interpretiert werde, dass sich »Australien der amerikanischen Strategie einer Eindämmung Chinas anschließt«.
Chinas beispielloses Wirtschaftswachstum der vergangenen zehn Jahre ging mit einem erwachenden politischen Konsens einher, der westliche Interessen bedroht. Die weitgehend von China geprägte Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) wurde als geopolitische Sicherheitsallianz 2001 gegründet. Ihr gehören als Vollmitglieder China, Kasachstan, Kirgisistan, Russland, Tadshikistan und Usbekistan an. Sie kontrollieren fast zwei Drittel der eurasischen Landmasse. Dieser Anteil könnte sich bald noch massiv erhöhen, denn Indien, der Iran, die Mongolei und Pakistan beantragen jetzt ebenfalls die Vollmitgliedschaft. Der wachsende Einfluss der SCO könnte dazu dienen, die beispiellose Militärmacht der NATO zu neutralisieren, und einige jüngste Ereignisse im Südchinesischen Meer weisen darauf hin, dass diese Drohung von Washington ernst genommen wird. Im Juli führte die US-Kriegsmarine ein größeres gemeinsames Manöver mit Japan und Australien durch, in dessen Verlauf auch Gebiete im Südchinesischen Meer berührt wurden, die an umstrittene Regionen grenzen. Diese Manöver sowie eine ähnliche gemeinsame Übung amerikanischer und vietnamesischer Marineeinheiten im August sind als versteckte Drohung an die Adresse Beijings zu werten.
In der Region treten gehäuft Streitigkeiten über Souveränitätsrechte auf. China und die Philippinen beanspruchen beide die Kontrolle über die sich in der Tiefsee befindenden Erdöl- und Erdgasvorkommen in den Recto-Riffen, die unter der Verwaltung der umstrittenen Spratly-Inseln stehen. Die Philippiner argumentieren, das internationale Seerecht gewähre ihnen das ausschließliche Recht, diese Ressourcen auszubeuten, während China zur Untermauerung seiner Ansprüche auf das Joint Marine Seismic Untertaking (JMSU) verweist [ein Abkommen zwischen den Philippinen, China und Vietnam zur gemeinsamen seismischen Erschließung der Meeresregion westlich von Palawan unter Beteiligung der großen Erdölkonzerne der drei beteiligten Länder]. Nach einem kürzlichen Besuch auf der Insel erklärte der philippinische Abgeordnete Walden Bello, die Philippinen hätten mit der Erkenntnis zu kämpfen, dass China derzeit dabei sei, den USA als stärkste Wirtschaftsmacht weltweit den Rang abzulaufen. Um diesem Eindruck entgegenzutreten und das Bild der USA als überragender Ordnungsmacht in der Region aufrechtzuerhalten, erklärte die amerikanische Außenministerin Hillary Rodham Clinton das Problem während ihres Besuches in Manila am vergangenen Dienstag zu einer Angelegenheit nationaler Bedeutung. Und um dies noch dramatisch aufzuwerten, erfolgte diese Erklärung nach einer demonstrativen Militärübung am 27. Oktober vor Journalisten, bei der Hunderte philippinischer und amerikanischer Soldaten gemeinsam die Insel Palawan erstürmten, die nur 80 Kilometer von den umstrittenen Spratly-Inseln entfernt liegt. Der philippinische Präsident Benigno Aquino hat die Präsenz der Küstenwache in der gesamten Region verstärkt, die manche bereits als »Westphilippinisches Meer« bezeichnen.
Die Entscheidung der vietnamesischen Regierung, dem amerikanischen Erdölkonzern ExxonMobil inmitten eines ähnlich gelagerten Streits mit China über die Paracel-Inseln, die sich zwischen der vietnamesischen Küste vor Danang und der chinesischen Insel Hainan, Erschließungs- und Förderrechte zu gewähren, hat massive Kritik aus China hervorgerufen. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Hong Lei warnte ausländische Unternehmen davor, in Gebieten wirtschaftlich aktiv zu werden, die von China beansprucht werden. Die extreme Ausweitung des Marinehaushaltes Vietnams in den letzten Jahren spiegelt die wirtschaftliche Bedeutung wider, die das Land der Erhaltung seiner Souveränität in der Region einräumt. Jüngste Studien zu erheblichen Erdöl- und Erdgasvorkommen im Einflussbereich der Spratly- und der Paracel-Inseln machen diese Sicht nachvollziehbar. Nach optimistischen chinesischen Schätzungen belaufen sich die Vorkommen im Bereich der Spratly- und Paracel-Inseln auf einen Anteil von 105 Milliarden Barrel an den insgesamt 213 Milliarden Barrel, die im Südchinesischen Meer insgesamt vermutet werden. Die Schätzungen des amerikanischen Geological Survey setzen allerdings erheblich niedrigere Werte an.
Machtprobe in Bali
Die Vereinbarung über eine über eine größere geographische Region verteilte, in operationeller Hinsicht belastbare und politisch nachhaltige amerikanische Militärpräsenz in der gesamten asiatisch-pazifischen Region ist als taktisches Manöver vor dem Hintergrund des wachsenden Einflusses Chinas zu werten. Ob diese Herangehensweise eher eine Politik der Inklusion oder der Isolation darstellt, wird sich wahrscheinlich auf dem kommenden ASEAN-Gipfel in Bali deutlicher erkennen lassen. Dort wollen die führenden Vertreter der ASEAN-Staaten über die Sicherheit im Südchinesischen Meer und über regionale Wirtschaftsintegration beraten. Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao wird in Bali auf den »omni«-Präsidenten Obamas treffen, der vier Jahre lang bis zu seinem zehnten Lebensjahr in Dschakarta lebte. Aber Beijing hat bereits gewarnt, eine Einmischung der USA in einen Konflikt, an dem sie nicht unmittelbar beteiligt seien, werde den Frieden und die Stabilität in der Region gefährden.
Wenn man nach den im Vordergrund stehenden Themen auf dem APEC-Treffen in Honolulu in dieser Woche urteilen darf, geht es bei dem neuen Asiatischen Jahrhundert, wie es die amerikanischen Unterhändler glauben machen wollten, lediglich darum, den Einfluss Chinas massiv zu verringern. Als Hebel dazu soll das Transpazifische Partnerschaftsabkommen dienen, ein Freihandelsabkommen, das derzeit zwischen den USA und acht anderen Pazifikländern (Australien, Brunei, Chile, Malaysia, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam) ausgehandelt wird. Während Japan, Südkorea, Kanada und Mexiko ebenfalls eingeladen wurden, sich diesem Abkommen anzuschließen, wurde China in gewissem Maße außen vor gelassen. Ob diese Isolation in Bali weiter betrieben wird, könnte sich als ultimativer Test des Verhandlungsgeschicks Gillards erweisen, da ihre Bereitschaft, der amerikanischen Macht im Pazifik entgegenzukommen, von der chinesischen Regierung, mit der sie derzeit über ein bilaterales Abkommen verhandelt, sicherlich misstrauisch und kritisch betrachtet wird.
Angesichts des zunehmenden Anteils der von China gehaltenen amerikanischen Staatsverschuldung, seines gigantischen Export- und Importmarktes sowie der direkten souveränen Kontrolle des Yuan steht außer Frage, dass China eine bedeutende Rolle im Asiatischen Jahrhundert spielen wird. China allein kann entscheiden, ob und welche Auswirkungen das Militärbündnis zwischen den USA und Australien haben wird, und China allein kann abschätzen, ob Australiens Bedeutung als Energieexporteur schwerer wiegt als seine aktive Verstärkung der amerikanischen militärischen Leistungsfähigkeit in der Region. Sollte es aufgrund der Vereinbarung zu Konflikten zwischen den Nachbarn Australiens kommen, ist unklar, ob Australien in der Lage sein wird, den Verlust im Handel und bei den Investitionen seiner engsten Handelspartner zu verkraften. Streitigkeiten und wirtschaftliche Stagnationen würden wahrscheinlich größere Interventionen erforderlich machen und paradoxerweise den Flüchtlingsstrom nach Australien anschwellen lassen, der bereits jetzt zahlreiche Kontroversen auslöst. Kann die australische Regierung dann von Washington einen Gefallen einfordern und um mehr Marinesoldaten bitten, um seine ausgedehnten Grenzen zu bewachen?