Droht Dritter Weltkrieg? Russlands Präsident Medwedew warnt in TV-Ansprache vor dringenden Nuklear-Gefahren.
Redaktion
Der russische Präsident Dmitri Medwedew hat sich letzte Woche in einer sehr ernsten Fernsehansprache zum Thema Raketenabwehr an die russische Bevölkerung gewandt. Am 23. November gab Medwedew Befehle bekannt, die er offenbar bereits an das Militär erlassen hat. Seine Rede ist ein beunruhigendes Zeugnis über die tatsächlich drohende Gefahr für die ganze Welt. Sie zeigt, wie sehr die russische Führung entschlossen ist, ihr Land zu verteidigen. Doch ist die Rede auch ein Beweis dafür, dass Russland NOCH zu Gesprächen mit den USA und der NATO bereit scheint, um angemessen über die Raketenabwehr mit dem Westen zu verhandeln, und um die Katastrophe damit noch abzuwenden. Hier Medwedews Ansprache im Wortlaut:
»Ich spreche heute zu Ihnen hinsichtlich der Lage des Raketenabwehrsystems der NATO-Staaten in Europa. Die Beziehungen zwischen Russland und der NATO haben seit langem eine komplizierte Geschichte. Als US-Präsident Obama 2009 die Pläne seiner Vorgänger für die Errichtung eines
Raketenabwehrsystems in Europa revidierte, begrüßten wir dies als einen positiven Schritt. Diese Entscheidung ebnete für uns den Weg, den wichtigen neuen START-Vertrag abzuschließen, der die innere Verknüpfung zwischen strategischen Angriffswaffen und Raketenabwehr klarstellt.
Das war eine große Errungenschaft. Später begannen die USA jedoch damit, einen neuen Plan umzusetzen, der die Schaffung eines Raketenabwehrsystems in Stufen vorsah. Besonders dies stößt in Russland auf Besorgnis.
Letztlich würde das dazu führen, dass Raketen und Militäreinheiten der USA in der Nähe zu Russlands Grenzen und in umliegenden Gewässern stationiert würden.
Vor einem Jahr, beim Gipfel des NATO-Russland-Rats in Lissabon, schlug ich die Entwicklung eines einvernehmlichen, auf Sektoren basierenden Raketenabwehrsystems in Europa vor, bei dem jedes Land für einen speziellen Sektor verantwortlich sein sollte.
Des weiteren waren wir bereit, zusätzliche Abänderungen an dem System zu diskutieren, um Vorstellungen unserer NATO-Partner zu berücksichtigen. Unser einziges Ziel war es, das Grundprinzip beizubehalten, dass Europa nicht neue Trennungslinien braucht, sondern vielmehr einen gemeinsamen Sicherheitsbereich mit vollwertiger und rechtlich festgelegter Beteiligung Russlands. Es ist meine Überzeugung, dass auf diese Weise Russland und die NATO die einmalige Gelegenheit für den Aufbau einer echten strategischen Partnerschaft schaffen würden.
Wir müssen Reibung und Konfrontation in unseren Beziehungen durch die Prinzipien von Gleichstellung, unteilbarer Sicherheit, gegenseitigem Vertrauen und Berechenbarkeit ersetzen.
Leider haben die USA und andere NATO-Verbündete nicht genügend Bereitschaft gezeigt, in diese Richtung zu gehen. Anstatt die Bereitschaft zu zeigen, unsere Bedenken gegenüber dem europäischen Raketenabwehrsystem anzuhören und zu verstehen, wiederholten sie nur, dass die Pläne sich nicht gegen Russland richteten und dass daher kein Grund zur Besorgnis bestehe.
Das ist die Position der vollziehenden Gewalt, aber Abgeordnete mancher Länder sagen offen, das gesamte System sei gegen Russland gerichtet. Doch unsere Anfragen, dass man dies in Form klarer, rechtlicher Verpflichtungen schriftlich niederlege, wurden mit Nachdruck zurückgewiesen.
Wir vertreten eine vernünftige Position. Wir sind bereit, über Status und Inhalt dieser Verpflichtungen zu diskutieren. Aber unsere Kollegen sollten verstehen, dass diese Verpflichtungen Substanz haben müssen und nicht nur Worthülsen sein dürfen.
Sie dürfen nicht nur als Versprechungen, sondern müssen als spezifische militärtechnische Kriterien formuliert sein, die es Russland zu ermessen erlauben, inwiefern die Handlungen der USA und der NATO im Bereich der Raketenabwehr ihren Ankündigungen entsprechen, ob unsere Interessen verletzt werden und zu welchem Grad das strategische nukleare Gleichgewicht noch intakt ist.
Das ist das Fundament der heutigen Sicherheitslage.
Wir werden nicht an einem Programm teilnehmen, das in kurzer Frist, sagen wir in fünf, sechs oder acht Jahren, unsere nukleare Abschreckungsfähigkeit schwächen könnte.
Das europäische Programm für Raketenabwehr ist bereits im Gange. Und die Arbeiten daran schreiten in Polen, der Türkei, Rumänien und Spanien bedauerlicherweise rasch voran.
Wir sind mit vollendeten Tatsachen konfrontiert.
Natürlich werden wir den Dialog mit den USA und der NATO fortführen. Ich habe mich mit Präsident Obama während unseres letzten Treffens darüber verständigt und habe bei dieser Gelegenheit unsere Bedenken sehr deutlich gemacht.
Noch gibt es Zeit, eine Übereinkunft zu erzielen.
Russland hat den politischen Willen, die auf diesem Bereich notwendigen Abkommen zu schließen. Abkommen, die ein neues Kapitel in unseren Beziehungen zu den USA und der NATO aufschlagen würden.
Wenn unsere Partner eine ehrliche und verantwortungsbewusste Haltung gegenüber den legitimen Sicherheitsinteressen Russlands zeigen, bin ich mir sicher, dass wir uns einigen können.
Aber wenn man von uns verlangt, »zu kooperieren« oder sogar gegen unsere eigenen Interessen zu handeln, wird es schwierig sein, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Dann wären wir gezwungen, anders zu reagieren.
Wir werden über unser Vorgehen nach den tatsächlichen Entwicklungen der Ereignisse auf jeder Stufe der Umsetzung des Raketenabwehrprogramms entscheiden.
In diesem Zusammenhang habe ich folgende Entscheidungen getroffen:
Als erstes ordne ich an, dass das Verteidigungsministerium umgehend das Radarsystem bei Kaliningrad zur frühen Warnung vor Raketenangriffen in Kampfbereitschaft versetzt.
Zweitens wird als vorrangige Maßnahme der Schutz für Russlands strategische Nuklearwaffen verstärkt unter dem Programm zur Entwicklung unserer Luft- und Weltraumverteidigung.
Drittens werden die neuen ballistischen Raketen, die von den strategischen Raketenstreitkräften und der Marine in Auftrag gegeben worden sind, mit fortgeschrittenen Systemen zur Durchdringung der Raketenabwehr sowie mit neuen hocheffektiven Sprengköpfen ausgestattet werden.
Viertens habe ich die Streitkräfte angewiesen, Maßnahmen zusammenzustellen, mit denen, wenn nötig, das Datenmaterial und die Leitsysteme von Raketenabwehrsystemen unbrauchbar gemacht werden können. Diese Maßnahmen werden angemessen, kostengünstig und effektiv sein.
Fünftens wird die russische Föderation für den Fall, dass sich die oben aufgeführten Maßnahmen als nicht ausreichend erweisen sollten, moderne Angriffswaffen im Westen und Süden des Landes stationieren, die unsere Fähigkeit garantieren, jeden Teilbereich des US-Raketenabwehrsystems in Europa außer Gefecht zu setzen. Ein Schritt in diesem Prozess wird die Stationierung von Iskander-Raketen in der Gegend von Kaliningrad sein.
Weitere Maßnahmen, die dem Raketenabwehrsystem in Europa entgegengesetzt werden, sollen nach Bedarf erarbeitet und eingesetzt werden.
Sollte sich ferner die Lage weiterhin nicht zugunsten Russlands entwickeln, behalten wir uns vor, weitere Abrüstungs- und Waffenkontrollmaßnahmen abzubrechen.
Aufgrund der engen Beziehung zwischen strategischen Angriffs- und Verteidigungswaffen könnten außerdem Bedingungen für unseren Austritt aus dem neuen START-Vertrag entstehen. Und diese Möglichkeit ist im Vertrag verankert.
Doch lassen Sie mich betonen, dass wir uns einem fortgesetzten Dialog mit den USA und der NATO nicht verweigern über Raketenabwehr und die praktische Zusammenarbeit auf diesem Gebiet. Wir sind dazu bereit. Jedoch kann das nur durch die Zugrundelegung einer eindeutigen Rechtsbasis für Zusammenarbeit erreicht werden, die sicherstellt, dass unsere legitimen Interessen und Sorgen berücksichtigt werden.
Wir sind offen für einen Dialog und hoffen auf eine vernünftige und konstruktive Herangehensweise durch unsere Partner im Westen.«
Redaktion
Der russische Präsident Dmitri Medwedew hat sich letzte Woche in einer sehr ernsten Fernsehansprache zum Thema Raketenabwehr an die russische Bevölkerung gewandt. Am 23. November gab Medwedew Befehle bekannt, die er offenbar bereits an das Militär erlassen hat. Seine Rede ist ein beunruhigendes Zeugnis über die tatsächlich drohende Gefahr für die ganze Welt. Sie zeigt, wie sehr die russische Führung entschlossen ist, ihr Land zu verteidigen. Doch ist die Rede auch ein Beweis dafür, dass Russland NOCH zu Gesprächen mit den USA und der NATO bereit scheint, um angemessen über die Raketenabwehr mit dem Westen zu verhandeln, und um die Katastrophe damit noch abzuwenden. Hier Medwedews Ansprache im Wortlaut:
»Ich spreche heute zu Ihnen hinsichtlich der Lage des Raketenabwehrsystems der NATO-Staaten in Europa. Die Beziehungen zwischen Russland und der NATO haben seit langem eine komplizierte Geschichte. Als US-Präsident Obama 2009 die Pläne seiner Vorgänger für die Errichtung eines
Raketenabwehrsystems in Europa revidierte, begrüßten wir dies als einen positiven Schritt. Diese Entscheidung ebnete für uns den Weg, den wichtigen neuen START-Vertrag abzuschließen, der die innere Verknüpfung zwischen strategischen Angriffswaffen und Raketenabwehr klarstellt.
Das war eine große Errungenschaft. Später begannen die USA jedoch damit, einen neuen Plan umzusetzen, der die Schaffung eines Raketenabwehrsystems in Stufen vorsah. Besonders dies stößt in Russland auf Besorgnis.
Letztlich würde das dazu führen, dass Raketen und Militäreinheiten der USA in der Nähe zu Russlands Grenzen und in umliegenden Gewässern stationiert würden.
Vor einem Jahr, beim Gipfel des NATO-Russland-Rats in Lissabon, schlug ich die Entwicklung eines einvernehmlichen, auf Sektoren basierenden Raketenabwehrsystems in Europa vor, bei dem jedes Land für einen speziellen Sektor verantwortlich sein sollte.
Des weiteren waren wir bereit, zusätzliche Abänderungen an dem System zu diskutieren, um Vorstellungen unserer NATO-Partner zu berücksichtigen. Unser einziges Ziel war es, das Grundprinzip beizubehalten, dass Europa nicht neue Trennungslinien braucht, sondern vielmehr einen gemeinsamen Sicherheitsbereich mit vollwertiger und rechtlich festgelegter Beteiligung Russlands. Es ist meine Überzeugung, dass auf diese Weise Russland und die NATO die einmalige Gelegenheit für den Aufbau einer echten strategischen Partnerschaft schaffen würden.
Wir müssen Reibung und Konfrontation in unseren Beziehungen durch die Prinzipien von Gleichstellung, unteilbarer Sicherheit, gegenseitigem Vertrauen und Berechenbarkeit ersetzen.
Leider haben die USA und andere NATO-Verbündete nicht genügend Bereitschaft gezeigt, in diese Richtung zu gehen. Anstatt die Bereitschaft zu zeigen, unsere Bedenken gegenüber dem europäischen Raketenabwehrsystem anzuhören und zu verstehen, wiederholten sie nur, dass die Pläne sich nicht gegen Russland richteten und dass daher kein Grund zur Besorgnis bestehe.
Das ist die Position der vollziehenden Gewalt, aber Abgeordnete mancher Länder sagen offen, das gesamte System sei gegen Russland gerichtet. Doch unsere Anfragen, dass man dies in Form klarer, rechtlicher Verpflichtungen schriftlich niederlege, wurden mit Nachdruck zurückgewiesen.
Wir vertreten eine vernünftige Position. Wir sind bereit, über Status und Inhalt dieser Verpflichtungen zu diskutieren. Aber unsere Kollegen sollten verstehen, dass diese Verpflichtungen Substanz haben müssen und nicht nur Worthülsen sein dürfen.
Sie dürfen nicht nur als Versprechungen, sondern müssen als spezifische militärtechnische Kriterien formuliert sein, die es Russland zu ermessen erlauben, inwiefern die Handlungen der USA und der NATO im Bereich der Raketenabwehr ihren Ankündigungen entsprechen, ob unsere Interessen verletzt werden und zu welchem Grad das strategische nukleare Gleichgewicht noch intakt ist.
Das ist das Fundament der heutigen Sicherheitslage.
Wir werden nicht an einem Programm teilnehmen, das in kurzer Frist, sagen wir in fünf, sechs oder acht Jahren, unsere nukleare Abschreckungsfähigkeit schwächen könnte.
Das europäische Programm für Raketenabwehr ist bereits im Gange. Und die Arbeiten daran schreiten in Polen, der Türkei, Rumänien und Spanien bedauerlicherweise rasch voran.
Wir sind mit vollendeten Tatsachen konfrontiert.
Natürlich werden wir den Dialog mit den USA und der NATO fortführen. Ich habe mich mit Präsident Obama während unseres letzten Treffens darüber verständigt und habe bei dieser Gelegenheit unsere Bedenken sehr deutlich gemacht.
Noch gibt es Zeit, eine Übereinkunft zu erzielen.
Russland hat den politischen Willen, die auf diesem Bereich notwendigen Abkommen zu schließen. Abkommen, die ein neues Kapitel in unseren Beziehungen zu den USA und der NATO aufschlagen würden.
Wenn unsere Partner eine ehrliche und verantwortungsbewusste Haltung gegenüber den legitimen Sicherheitsinteressen Russlands zeigen, bin ich mir sicher, dass wir uns einigen können.
Aber wenn man von uns verlangt, »zu kooperieren« oder sogar gegen unsere eigenen Interessen zu handeln, wird es schwierig sein, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Dann wären wir gezwungen, anders zu reagieren.
Wir werden über unser Vorgehen nach den tatsächlichen Entwicklungen der Ereignisse auf jeder Stufe der Umsetzung des Raketenabwehrprogramms entscheiden.
In diesem Zusammenhang habe ich folgende Entscheidungen getroffen:
Als erstes ordne ich an, dass das Verteidigungsministerium umgehend das Radarsystem bei Kaliningrad zur frühen Warnung vor Raketenangriffen in Kampfbereitschaft versetzt.
Zweitens wird als vorrangige Maßnahme der Schutz für Russlands strategische Nuklearwaffen verstärkt unter dem Programm zur Entwicklung unserer Luft- und Weltraumverteidigung.
Drittens werden die neuen ballistischen Raketen, die von den strategischen Raketenstreitkräften und der Marine in Auftrag gegeben worden sind, mit fortgeschrittenen Systemen zur Durchdringung der Raketenabwehr sowie mit neuen hocheffektiven Sprengköpfen ausgestattet werden.
Viertens habe ich die Streitkräfte angewiesen, Maßnahmen zusammenzustellen, mit denen, wenn nötig, das Datenmaterial und die Leitsysteme von Raketenabwehrsystemen unbrauchbar gemacht werden können. Diese Maßnahmen werden angemessen, kostengünstig und effektiv sein.
Fünftens wird die russische Föderation für den Fall, dass sich die oben aufgeführten Maßnahmen als nicht ausreichend erweisen sollten, moderne Angriffswaffen im Westen und Süden des Landes stationieren, die unsere Fähigkeit garantieren, jeden Teilbereich des US-Raketenabwehrsystems in Europa außer Gefecht zu setzen. Ein Schritt in diesem Prozess wird die Stationierung von Iskander-Raketen in der Gegend von Kaliningrad sein.
Weitere Maßnahmen, die dem Raketenabwehrsystem in Europa entgegengesetzt werden, sollen nach Bedarf erarbeitet und eingesetzt werden.
Sollte sich ferner die Lage weiterhin nicht zugunsten Russlands entwickeln, behalten wir uns vor, weitere Abrüstungs- und Waffenkontrollmaßnahmen abzubrechen.
Aufgrund der engen Beziehung zwischen strategischen Angriffs- und Verteidigungswaffen könnten außerdem Bedingungen für unseren Austritt aus dem neuen START-Vertrag entstehen. Und diese Möglichkeit ist im Vertrag verankert.
Doch lassen Sie mich betonen, dass wir uns einem fortgesetzten Dialog mit den USA und der NATO nicht verweigern über Raketenabwehr und die praktische Zusammenarbeit auf diesem Gebiet. Wir sind dazu bereit. Jedoch kann das nur durch die Zugrundelegung einer eindeutigen Rechtsbasis für Zusammenarbeit erreicht werden, die sicherstellt, dass unsere legitimen Interessen und Sorgen berücksichtigt werden.
Wir sind offen für einen Dialog und hoffen auf eine vernünftige und konstruktive Herangehensweise durch unsere Partner im Westen.«